Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung vom 29.01.2020 (11 U 14/19) die Akteneinsicht von Bietern bei Bauvergaben im Unterschwellenbereich auf das Submissionsprotokoll samt Nachträgen beschränkt. Ohne eine eindeutige gesetzliche Regelung, wie sie etwa im Oberschwellenbereich besteht, ist die Frage nach dem Akteneinsichtsrecht sowie dem gesamten Rechtsschutz für Bieter im Unterschwellenbereich seit langem umstritten. Jüngst hatte das LG Oldenburg die Frage um das Akteneinsichtsrecht neu befeuert, als es am 02.10.2019 (5 O 1810 / 19) einem unterlegenen Bieter bei einer Bauvergabe im Unterschwellenbereich Einsicht in die Vergabeunterlagen nach § 20 VOB/A gewährte. Zu den Unterlagen nach § 20 VOB/A zählt nicht nur das Submissionsprotokoll samt Nachträgen, sondern darüber hinaus auch die gesamte weitere Dokumentation des Vergabeverfahrens, wie etwa Entscheidungsgründe, Nebenangebote und Informationen zur eventuell beabsichtigten Weitergabe des Auftrags an Nachunternehmen. Obwohl nicht ausdrücklich zitiert, distanziert sich das OLG Köln von dieser Rechtsauffassung und begrenzt die Akteneinsicht der Bieter im Unterschwellenbereich auf das Submissionsprotokoll samt Nachträgen gemäß § 14 Abs. 6 VOB/A 2012 (jetzt § 14 Abs. 6 Satz 2, § 14a Abs. 7 VOB/A 2019).

Eine Übereinstimmung der beiden Entscheidungen besteht nur insoweit, dass beide einen Anspruch auf Akteneinsicht grundsätzlich gewähren. So führt auch das OLG Köln aus, dass eine Klage auf Akteneinsicht nicht schon deshalb unzulässig sei, wenn der Bieter vorher kein primärrechtliches Nachprüfungsverfahren angestrebt habe. Bei sekundärrechtlichen Schadenersatzklagen sei der Bieter nicht primär an der ausgeschriebenen Leistung, sondern an der Zahlung von Entschädigung interessiert. Weil die Rechtschutzinteressen somit nicht vergleichbar seien, müsse einer Klage auf Akteneinsicht im Unterschwellenbereich zur Vorbereitung von Schadenersatzklagen kein primärrechtliches Nachprüfungsverfahren vorgeschaltet sein.

Den Umfang des Anspruchs auf Akteneinsicht beschränkt das OLG Köln im Gegensatz zum LG Oldenburg jedoch wesentlich. So betont es, dass sich ein Anspruch auf Akteneinsicht primär aus § 14 Abs. 6 VOB/A 2012 (jetzt § 14 Abs. 6 Satz 2, § 14a Abs. 7 VOB/A 2019) ergibt und somit nur Einsicht in das Submissionsprotokoll samt Nachträgen gewährt. Die VOB/A beinhalte dabei das Gebot, zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Vergabestelle und dem Rechtsschutzinteresse der Bieter sowie dem Transparenzgebot abzuwägen. Diese Abwägung könne nicht von anderen, eventuell einschlägigen, zivilrechtlichen Ansprüchen wie etwa § 242 BGB oder § 816 BGB unterlaufen werden. Selbst wenn ein solcher zivilrechtlicher Anspruch bestehe, könne er grundsätzlich nicht weiter reichen als die Vorgaben des § 14 Abs. 6 VOB/A 2012 (jetzt § 14 Abs. 6 Satz 2, § 14a Abs. 7 VOB/A 2019). Eine Einsicht des Bieters in Nebenangebote und weitere Unterlagen, wie sie im konkreten Fall beantragt war und wie sie auch § 20 VOB/A umfasst, sei daher laut OLG Köln abzulehnen.

Darüber hinaus betont das Gericht, dass der Anspruch auf Akteneinsicht nur bestehe, wenn der Bieter schon vor der Akteneinsicht den begründeten Verdacht für einen Rechtsverstoß seitens der Vergabestelle habe. Das OLG Köln erteilt damit einem umfassenden „Aushorch“- oder Überprüfungsanspruch durch die „zivilrechtliche Hintertür“ eine Absage. Ob dieses restriktive Verständnis in der Rechtsprechung „Fuß fassen“ wird, bleibt abzuwarten.