EU überprüft vergaberechtliche Schwellenwerte und passt sie für die kommenden zwei Jahre neu an.

In Ihrem Amtsblatt hat die EU kürzlich bekannt gegeben, dass alle Schwellenwerte für öffentliche Aufträge zum Jahreswechsel hin leicht angehoben werden. Danach gelten ab dem 01.01.2022 neue Schwellenwerte für EU-weite Vergabeverfahren. Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge des Bundes beträgt der Schwellenwert zukünftig 140.000 Euro, für Liefer- und Dienstleistungen übriger Auftraggeber 215.000 Euro. Bei Bauleistungen aller Art und Konzessionsvergaben, d.h. der Vergabe eines Nutzungsrechts an einem Gemeingut, liegt er zukünftig bei 5.382.000 Euro. Sofern Sektorenauftraggeber Liefer- und Dienstleistungen für Sektorentätigkeiten ausschreiben – etwa im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung, beträgt er in den Jahren 2022 und 2023 431.000 Euro. Die bisherigen Schwellenwerte für die Jahre 2020 und 2021 waren der Höhe nach jeweils etwas niedriger angesetzt.

Was sind EU-Schwellenwerte?

Das deutsche Vergaberecht unterscheidet zwischen öffentlichen Aufträgen, deren Auftragsvolumen einen bestimmten Schwellenwert erreichen oder überschreiten (sog. Oberschwellenbereich) und öffentlichen Aufträgen,  deren Auftragswert unter den jeweiligen Schwellenwerten liegen (sog. Unterschwellenbereich). Entsprechend dieser Differenzierung gelten unterschiedliche vergaberechtliche Vorgaben.

Welche Bedeutung hat die Differenzierung nach den EU-Schwellenwerte?

Aufträge von geringerem Volumen sind für den grenzüberschreitenden Handel und damit den europäischen Binnenmarkt weniger interessant. Daher besteht nur für öffentliche Aufträge im Oberschwellenbereich die Pflicht, entsprechende Aufträge EU-weit auszuschreiben. Hierfür müssen zwingend anzuwendende Ausschreibungsverfahren und Bekanntmachungsmuster berücksichtigt werden, die von der EU-Kommission vorgegeben werden. Zudem kann ein unterlegener Bieter oder Bewerber nur im Oberschwellenbereich die Verletzung von Verfahrensvorschriften im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens vor den Vergabekammern und den Oberlandesgerichten geltend machen. Unterhalb des Schwellenwerts besteht jedenfalls im Grundsatz kein durchsetzbarer Anspruch des Bieters darauf, dass die vergaberechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

Warum werden die EU-Schwellenwerte regelmäßig neu festgesetzt?

Die EU-Schwellenwerte werden alle zwei Jahre geprüft und gegebenenfalls neu festgesetzt, um Wechselkursschwankungen auszugleichen, die sich möglicherweise auf die öffentlichen Beschaffungsmärkte von Staaten für den Wettbewerb von Unternehmen in anderen Staaten auswirken. Die Anpassung wird durch das Übereinkommen der Welthandelsorganisation über das öffentliche Beschaffungswesen geregelt und erfolgt über ein rein mathematisches Verfahren. Es ist daher kein Ergebnis einer politischen Willensbildung der EU.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Ansprechpartnerin Frau Prof. Dr. Angela Dageförde (zum Profil von Prof. Dr. Angela Dageförde) gerne zu Verfügung.