Die Einforderung konkreter Konzepte und anschließende Konzeptbewertungen sind ein bewährtes Mittel für Auftraggeber, um Angebote zu vergleichen und den geeignetsten Bieter zu ermitteln. Einige Auftraggeber haben zur besseren Vergleichbarkeit Punktesysteme eingerichtet. Immer wieder kommt es jedoch zu Unstimmigkeiten und Nachprüfungsanträgen gestellt durch Wettbewerber, weil diese der Auffassung sind, die so systematisch erscheinende Entscheidung des Auftraggebers nicht nachvollziehen zu können.

Diesbezüglich hat der BGH die Anforderungen an die Begründungs- und Dokumentationspflicht der Auftraggeber in einem Grundsatzbeschluss im Jahr 2017 bereits etwas konkretisiert: Er urteilte, dass es für die Nachvollziehbarkeit einer Konzeptbewertung grundsätzlich nicht erforderlich wäre, den Bietern die konkreten Erfordernisse für eine Einordnung in den jeweiligen Punktebereich mitzuteilen. Ein konkreter Bezug zu der Punkteskala und die Grenzen zwischen den einzelnen Punkten dürften unerwähnt bleiben.
Es müsse lediglich ersichtlich sein, welche Kriterien in welchem Ausmaß ins Gewicht fielen (BGH X ZB 3/17).

Nach wie vor kommt es jedoch zu Unstimmigkeiten bezüglich der Dokumentation von , Konzeptbewertungen, sodass die Vergabekammer Westfalen im Februar 2023 erneut eine Entscheidung in einer solchen Sache treffen musste:

Die Vergabekammer betonte in dem bislang noch nicht bestands- bzw. rechtskräftigen Beschluss, dass Konzeptbewertungen besondere Anforderungen an die Dokumentationspflicht des Auftraggebers stellten: Die Dokumentation müsse so gewissenhaft und detailliert sein, dass die Prüfung jeden Kriteriums bei jedem Wettbewerber nachvollziehbar wäre und offensichtlich werde, in welchem Aspekt derjenige, der den Zuschlag bekommen solle, mehr punkten konnte als alle anderen.

Konkret ging es in dem Fall um eine städtische Ausschreibung für Beratungs- und Betreuungsdienstleistungen für Flüchtlinge. Die Vergabeunterlagen enthielten eine Bewertungsmatrix mit Prozentangaben zur Gewichtung der einzelnen Kategorien; die Bieter waren aufgefordert, ein Konzept zur Betreuung und Beratung vorzulegen. Die tabellarische Konzeptbewertung und die angegebenen Gründe, warum die Stadt sich gegen das Angebot der späteren Antragstellerin entschieden hatte, waren dieser und auch der Vergabekammer nicht nachvollziehbar genug dargelegt.

Die Vergabekammer Westfalen konkretisierte die bisherige Rechtsprechung daraufhin dahingehend, dass die einfache Angabe von Allgemeinplätzen und die Definition eines Wertungsmaßstabes für die volle Punktzahl so wohl nicht ausreichen dürften. Die einzelnen Punktestufen müssten zwar, orientiert an dem BGH, nicht explizit definiert werden, die Entscheidung müsse aber dennoch durch weitere Konkretisierungen nachvollziehbarer gemacht werden. Es müsste klar erkennbar sein, welche Aspekte zur Ab- bzw. Aufwertung eines Angebots führten und inwiefern diese bei anderen Mitbewerbern erfüllt wären.

Praxistipp: Gerade bei der Konzeptbewertung ist es wichtig, dass der öffentliche Auftraggeber nicht nur Punkte vergibt, sondern die Punktevergabe in der Dokumentation auch verbal (kurz) begründet. Anderenfalls kann bei einer Prüfung des Vergabeverfahrens nicht nachvollzogen werden, warum der Auftraggeber dem einen Bieter x Punkte und dem anderen Bieter y Punkte gegeben hat. Es kann dann nicht überprüft werden, ob der Auftraggeber von einer zutreffenden Sachlage ausgegangen ist und sich allein von sachlichen Erwägungen anhand seiner vorab bekannt gegebenen Bewertungsmatrix hat leiten lassen.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Ansprechpartnerin Frau Prof. Dr. Dageförde (zum Profil von Frau Prof. Dr. Dageförde) gern zur Verfügung.