Fehlende Unterlagen kann ein Bieter nur einmal nachreichen. Eine zweite Chance hat er nicht.

Nach einer Entscheidung der Vergabekammer des Bundes aus dem Frühjahr 2022 darf ein Bieter, der sein Angebot bereits abgegeben hat, fehlende Unterlagen einmalig nachreichen, sofern der Auftraggeber ihn hierzu auffordert oder hätte auffordern müssen. Eine weitere, zweite Nachreichung von danach immer noch fehlenden Unterlagen ist dagegen nicht zulässig.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Auftraggeber schrieb europaweit die Vergabe von Putz- und Stuckarbeiten aus und forderte in seiner Bekanntmachung dazu auf, mindestens drei Referenzen über abgeschlossene Arbeiten gleicher Art vorzulegen, die in den vergangenen fünf Jahren erbracht worden sind. Das einzige Zuschlagskriterium war der Preis. Bei Öffnung der eingegangenen Angebote wurde festgestellt, dass der Bieter mit dem niedrigsten Angebotspreis keine Referenzen beigefügt hatte. Auf Aufforderung des Auftraggebers hin legte der Bieter neun Referenzen vor. Jedoch erfüllte nur eine der Referenzen die Mindestanforderung hinsichtlich des Leistungszeitraums. Auf einen entsprechenden Hinweis des Auftraggebers hin legte der Bieter sechs weitere Referenzen aus den vergangenen fünf Jahren vor. Diese wurden vom Auftraggeber jedoch nicht (mehr) berücksichtigt, da er nunmehr die Rechtsauffassung vertrat, dass eine zweite Nachforderung bzw. Nachreichung gar nicht zulässig sei. Die Vergabekammer des Bundes bestätigte diese Rechtsauffassung: Ein Bieter habe nach Abgabe des Angebots grundsätzlich nicht das Recht, Unterlagen nachzureichen. Nur dann, wenn der Auftraggeber sein Ermessen entsprechend ausübt oder aber – bei der Vergabe von Bauleistungen, wie im vorliegenden Fall – zur Nachforderung verpflichtet ist, könne der Bieter einmalig Unterlagen nachreichen. Eine „Nachforderung der Nachforderung“, d. h. eine nochmalige Gelegenheit zur Verbesserung der bereits nachgereichten Unterlagen, sei jedoch ausgeschlossen. Die Vergabekammer begründet dies mit den vergaberechtlichen Grundsätzen der Transparenz und der Gleichbehandlungen der Bieter.

Ob diese Rechtsprechung auch dann gilt, wenn ein Bieter sich bei der erstmaligen Nachreichung ausdrücklich vorbehält, noch weitere Unterlagen innerhalb der ihm gesetzten Frist vorzulegen, ist bisher nicht gerichtlich geklärt. In ihrer Entscheidung aus März 2022 hat sich die Vergabekammer hierzu jedenfalls nicht geäußert.

Aus der vorgestellten Entscheidung folgt für die Praxis jedenfalls, dass sich ein Bieter stets versichern sollte, ob er seinem Angebot alle einzureichenden Unterlagen beigefügt hat. Im Falle der Nachforderung von Unterlagen ist spätestens dann sicherzustellen, dass alle erforderlichen Unterlagen auch wirklich eingereicht werden. Eine „zweite“ zweite Chance steht dem Bieter nicht zu.

Für Fragen steht Ihnen Ihr Ansprechpartner Herr RA Florian Bretzel (zum Profil von Herrn RA Florian Bretzel) gerne zur Verfügung.

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